Ein Bericht von Florentine Exner. Es fing eigentlich alles damit an, dass ich mich für den Münster Triathlon gemeldet hatte. Ca. 4 Wochen vor Veranstaltungsbeginn hieß es aus allen Kreisen: dass der Münster-Triathlon stattfindet ist gesichert! Es sollte der erste Wettkampf seit 1 ½ Jahren werden und mein 3. Triathlon überhaupt.

Nachdem man so lange nicht gewagt hatte, zu hoffen, setzte ich das ganze Rennfieber in dieses eine Event. Dementsprechend war die Enttäuschung riesengroß, als 2 Wochen vor Start die Absage für Münster erteilt wurde. Uff. Was jetzt? Wird überhaupt eine Triathlon-Saison stattfinden? Der WhatsApp-Gruppe des TTD sei Dank, kamen bald Tipps zu Alternativ-Veranstaltungen und noch am selben Tag der Absage meldete ich mich für Saerbeck an. So viel weiter als Münster ist das auch nicht, dachte ich mir.

Dennoch… irgendwie war das Rennfieber weg. Ich rechnete gar nicht mehr damit, dass Saerbeck überhaupt stattfinden würde. Als 1 Woche vor Start dann immer noch keine Absage eingetrudelt war, war es dann doch mal an der Zeit, wieder aufzuwachen. Ok, der Triathlon findet doch statt.

Wechseltraining schon einmal gemacht? Negativ. Anzahl Open Water Einheiten 2021 bis dahin? 2. Schon einmal einen Neo in Laufhektik ausgezogen? Öhm… Gorillas, habt ihr Babyöl? Gut, ich würde mal sagen, dieser Triathlon wird eine Überraschungskiste. Mit Coach Alex wurde vereinbart: das wird ein Übungstriathlon, um einfach mal zu testen, wo ich gerade so stehe.

Also kramte ich das ganze Wettkampfgedöns aus einer Kiste raus, die mittlerweile bereits auf dem Speicher gelandet war, machte mir die Auflieger wieder ans Rad und versuchte irgendwo in mir den Knopf zu finden, der meinen Kopf wieder auf Wettkampfmodus bringen sollte. Immerhin: im Laufen wusste ich, dass ich einen guten Entwicklungsschritt über den Winter gemacht hatte, sodass ich mich auf die 5km einfach nur freuen konnte. Der Rest würde einfach ein Test für die weiteren Wettkämpfe sein.

Da die Bewohner des Münsterlandes offensichtlich Frühaufsteher sind, sollte der Startschuss um 09.30 Uhr fallen. Aha. Zurückgerechnet hieß das:

5.15 Uhr aufstehen, ein bisschen Morgenmobility, um den Hunger zu so früher Stunde etwas anzukurbeln, 5.45 Uhr Frühstück reinschieben, 6.30 Uhr im Auto, 8.15 Uhr Ankunft. Kleiner Tipp: trinke NIE NIE NIEMALS den tiefschwarzen türkischen Tee, den dir deine Schwiegermutter am Vortag nachmittags wohlwollend anbietet, wenn du ausnahmsweise mal früher ins Bett gehen musst. Eine Tasse davon ist wirkungsvoller als der stärkste Espresso. Ich saß die Nacht auf jeden Fall kerzengerade im Bett, war dafür aber morgens immer noch recht wach.

Achja und dann war da ja auch noch die Wetterprognose. 2 Tage vor Start war noch Sonnenschein gemeldet, am Tag X sah es dann aber doch etwas anders aus. Spätestens ab Münster prasselte der Regen auf die Windschutzscheibe und die Prognose sah nicht viele Regenpausen vor. Egal! Spätestens im Auto war die Anspannung endlich da!!!! Heute ist RACEDAY!!!!

Im strömenden Regen richteten wir unsere Wechselzone ein, was aber schon bald nichts mehr ausmachte. Keiner nörgelte, alle freuten sich, dass der Triathlon überhaupt stattfinden konnte.

Um den Corona-Schutzverordnungen folge zu leisten, wurden die Athleten in kleinen Blöcken im 1-Minuten-Abstand in den See geschickt. 15 Minuten lang jede Minute einen Startschuss mitzubekommen, ist für die Aufregung schon eine Erfahrung. Für mich bedeutete es, 15 Minuten lang in der Wartezone stehen und verzweifelt nach der Antwort auf die Frage suchen, warum man sich diesen ganzen Stress um Gottes Willen antut. Immerhin: bei muckeligen 24°C war Neoverbot, sodass ich mir keine Gedanken drum machen musste, wie ich es einigermaßen unfallsfrei schaffe, ohne Neo aufs Rad zu steigen.

Marcel und ich, die zusammen in einem Block starteten, versuchten uns mit easy Plaudereien abzulenken, während Alex im Block neben uns im Speedo-Lock verunsicherte Blicke auf sich zog. Will der Typ wirklich so starten? Ohne Triathlon-Einteiler? In DER Hose aufs Rad??! Alex quittierte die Blicke mit einem entspannten Lächeln. Er hatte sich für heute vorgenommen, komplett entspannt ohne Triathlon-Materialschlacht und nur mit Badehose, T-Shirt und seinem ultra schicken Cinelli Supercorsa SLX-Rad an den Start zu gehen. Stahl statt Carbon war heute die Devise.

Startschuss!

Und auf einmal heißt es nur GAS GEBEN! Ich wusste, dass Schwimmen nicht zu meinen Stärken gehört und da ich im See gerne zum Zickzack-Schwimmen tendiere, war der Plan, mich so bald wie möglich an einen anderen Schwimmer dran zu hängen und einfach nur hinterher zu schwimmen. Tja, dumm, wenn man dann auf den falschen Gaul setzt. Leider war mein frisch ernannter Schwimmkompagnon genauso versiert im geradeaus schwimmen wie ich, sodass wir eine kleine Ehrenschleife einlegten, bevor wir an der Wechselboje ankamen. Egal! Fokus! Zurück schaffst du auch alleine. Die letzten 100 Meter zog Alex, der im Startblock hinter mir gestartet ist, an mir entspannt vorbei und gab mir immerhin hier eine einigermaßen gerade Linie bis zur Wechselzone vor.

Dann aus dem Wasser raus, rauf aufs Rad. Das erste Mal wechseln mit den Radschuhen am Rad. Nerven behalten, kontrollierte Bewegung. Erstaunlich schnell kam ich aus der Wechselzone raus, während Alex noch mit seinem „Leibchen“ (seine eigene Wortwahl) kämpfte, das sich nicht so leicht über den klitschnassen Oberkörper ziehen ließ, wie er es sich wohl vorgestellt hatte. Von Marcel war schon nichts mehr zu sehen. Rauf aufs Rad, treten, treten, treten, Schuhe an. Wow! Der erste Angstpunkt war fehlerfrei geschafft.

Es dauerte allerdings keine Minute, da zischte Alex an mir vorbei. „Runter auf die Auflieger“ brüllte er noch. Hatte ich gedacht, ich könnte einen Moment mithalten? Ich muss zugeben, ja. Aber innerhalb von 4 Pedaltritten war er auch schon wieder weg und versetzte die restlichen Athleten mit seinem Affentempo in dem entsprechenden Auftritt in Erstaunen. Einige versuchten, sich an ihn dran zu hängen, worauf diese nur schnell von Alex zu hören bekamen „Aber net luatsche!“. Das reichte, um deren Vorhaben schnell wieder in Luft aufzulösen.

Dennoch: als Triathlon-Rookie mit kaum Wettkampferfahrung war ich natürlich in absoluter Ehrfurcht vor dem Windschattenverbot. Hielt ich auch ja die 10m Abstand ein? Überholte ich auch schnell genug und mit genügen Abstand? Während der 20km Fahrt stellte sich heraus, mit dieser Ehrfurcht war ich wohl größtenteils allein. Immer wieder fuhr ich an Fahrer-Packs vorbei, die zusammenarbeiteten oder wurde von TT-Fahrern im 5er Pack überholt, die absolut kein Problem hatten, so auch an den Wegrichtern vorbeizurasen.

All das lies mich wohl mit meinen Gedanken ein bisschen abschweifen. Als ich bemerkte, dass ich langsam mit meinem Puls in die gelbe Zone rutschte, gab’s dann doch nochmal eine innere Ansprache. Aufwachen, Flo! Das ist kein Teekränzchen hier!

Noch 5km bis zur Wechselzone. Jetzt sollte ich besser mal das Gel einwerfen. Oh was freute ich mich aufs Laufen! Endlich in vertrautere Gefilde.

Kurz vor der Wechselzone Schuhe öffnen, mit den Füßen raus und auf die Schuhe. Ein bisschen zu früh abgesprungen, aber besser als zu spät. Ab in die Wechselzone. Rad abstellen, barfuß in die Schuhe rein, Helm ab, und loslaufen. Und warum verdammt noch mal, muss es jedes Mal bei einem Triathlon nach einer Wechselzone den Berg hochgehen? Leicht fiepsend kletterte ich die kleine Anhöhe rauf, um auf die richtige Laufstrecke zu gelangen. Was für ein tolles Gefühl! In guten Abständen hatten sich die Anwohner von Saerbeck versammelt, um die Triathleten auf der Laufstrecke noch einmal richtig anzufeuern. GENIAL! Mit einer 3.40er Pace flog ich den ersten Kilometer über die Strecke. Wahnsinn! Ich hatte Energie. Bei Kilometer 2.5 allerdings kam der Hammer. Urplötzlich spürte ich ein so starkes Ziehen im Bauch, dass ich kaum mehr laufen konnte. Oh nein! Musste ich stehen bleiben? Kurz sah ich vor meinen Augen, wie ich an den Rand gehe, um aufzugeben. 3.50er Pace… 4er Pace. Das durfte nicht wahr sein. Vielleicht hätte ich das mit dem Gel besser mal üben sollen. Von hinten hörte ich einen leichten und hochfrequenten Schritt ankommen. Eindeutig eine Frau. Diese zog locker und kontrolliert an mir vorbei. Meine Rettung. Ich musste mich nur einfach dranhängen und konnte mich einzig und allein darauf konzentrieren, dran zu bleiben. Die Bauchkrämpfe verschwanden auf magische Weise. Da die Laufstrecke eine Wendepunktstrecke war, kam Alex mir relativ bald entgegen, in etwas Abstand gefolgt von Marcel. Ich reckte den Daumen nach oben und gab wieder Gas. 3km werde ich doch wohl noch locker durchziehen können. In einem guten Pace sammelten die Frau und ich einen Athleten nach dem anderen ein. Gerade unter den Männern hörte man immer wieder ein Stöhnen. Uff, jetzt werden wir auch noch von den Frauen abgezogen. Aber, und das ist es, was ich an den Volkswettkämpfen liebe, immer wieder auch motivierende Anfeuerungen! Respekt! Super Tempo! Dranbleiben! Das ist doch immer noch die beste Droge.

Als es dann endlich an den letzten Kilometer ging, wurde dann vor mir noch einmal richtig Gas gegeben. Fiepsend versuchte ich, mitzuhalten und kam mit einer neuen Bestzeit in allen 3 Disziplinen (übrigens nicht schwierig, wenn es erst der 3. Triathlon ist) als 2. AK-Platzierte und 3. Frau in der Gesamtwertung ins Ziel.

Alex und Marcel warteten bereits im Ziel. Beide haben top Leistungen aufs Pflaster gelegt. Alex sicherte sich den 1. AK-Platz und den 24. Platz in der Gesamtwertung. Dicht gefolgt von Marcel, welcher den 6. AK-Platz und den 36. Platz in der Gesamtwertung erreichte.

Aufgrund von dem omni-präsenten Corona-Regeln mussten wir das Gelände leider so zügig wie möglich verlassen, was aber des wiedereinsetzenden Regens wegen nicht unbedingt schwerfiel.

Alles in allem war es ein fantastischer Tag und ein super Einstieg in die Saison 2021. Wenn man beim Zieleinlauf nur denkt „Wann ist der nächste Triathlon???“, hat sich alles gelohnt. Ich habe vieles zum Verbessern mitgenommen, was Grundlage für ganz viel Motivation für die kommenden Trainingssessions bietet. Dem ganzen Team rund um den Triathlon Saerbeck ein riesen Dankeschön für die super tolle Organisation.

Nur kein Danke an den Eichenprozessionsspinner, der dafür gesorgt hat, dass viele Triathleten -Alex, Marcel und mir inklusive- ein längeres, ziemlich juckendes Andenken mitgenommen haben, als gewünscht.