Was für eine Gelegenheit als Age Grouper! Ironman Europameisterschaft in Frankfurt und alle drei deutschen Weltmeister Jan Frodeno, Sebastian Kienle und Patrick Lange treten zum Säbelrasseln und Kampf um die innerdeutsche Triathlon-Krone an. Bei den Profifrauen wurde mit Spannung der Wettkampf zwischen Daniela Bleymehl und der Vorjahreszweiten Sarah True erwartet, nachdem Anne Haug leider absagen musste.
Und was war das für ein Rennen und eine Dramatik: Ein denkbar knappes Rad- und Laufduell zwischen Frodo und Sebi, Sebis Schnittwunde samt Schnell-OP im Wechselzonentempo, Reifenpanne und Magenprobleme bei Patrick Lange und notgedrungene Strategieänderung von Sieg auf „Nur Finishen“ für seine Hawai-Quali und schließlich das Blackoutdrama um Sarah True 900 m vor dem Ziel.
Doch zurück zum Anfang des Rennsonntages: Vier Uhr morgens – nach gefühlt nur einigen Minuten Schlaf – klingelt der Wecker. Vom Hotel in Frankfurt geht es mit dem Taxi an den 15 km entfernten Langener Waldsee, einem Baggersee südlich von Frankfurt mit 900m Badestrand und angeschlossenem Zeltplatz. Vom Taxi Drop-Off bzw. Parkplatz ist noch 1 km zu Fuß zurückzulegen, da der Zuweg bereits für die Radstrecke abgesperrt ist. Zeit, um trotz aller Aufregung und Nervosität eines Erstteilnehmers die über dem See aufgehende Morgensonne zu genießen und sich mental auf den Tag vorzubereiten.
In der wahrlich heißesten Woche des Jahres ist schon früh klar: Neoprenverbot und extreme Hitze um 40 Grad würden es den Profis und den 3.000 Age Group Athleten aus 81 Ländern am Rennsonntag nicht leicht machen.
Am See und in Wechselzone 1 angekommen letzte nervöse Vorbereitungen am Rad und lange Schlangen vor den Dixie-Klos. Maximal 1 Stunde Zeit, bevor die Wechselzone geschlossen wird und es aufgeht zum Schwimmstart, der bei Ironman bewährt im „Rolling Start“-Modus stattfindet.
Nach Start der Profis – erst die Herren und wenige Minuten später die Frauen – stimmen sich die Altersklassenathleten mit dem – aus Fußball-EM und -WM – bekannten Island-Klatschen auf ihren längsten Tag des Jahres ein und liefern für die Nachberichterstattung beeindruckende Bilder für YouTube und Co. Unter den Athleten unsere drei TTD Vereinsathleten Po Chiao Fang, Dirk Krüger und Roger Wagner.
Zwischen 06:40 und 07:00 Uhr dann endlich in kleinen Gruppen der Start der Age Grouper ins 25,5 Grad warme Wasser. Nicht zu glauben, dass noch zwei Wochen vorher beim Testschwimmen an gleicher Stelle nordfriesisches Wetter mit böigem Wind und Wellengang herrschte und man sich beim Schwimmen in der Nordsee wähnte.
Der Landgang („Australian Exit“) teilt die Schwimmstrecke nach 1,5 km in zwei ungleiche Teilabschnitte und ist einzig verbliebene psychologische Hilfe zur Überwindung der 3,8 km langen Schwimmstrecke ohne Neo. Der erste Abschnitt und die restlichen 2,3 km schwimmen sich an diesem Tag problemlos und alles läuft nach Plan.
Die vielen Helfer auf dem See – insgesamt für das gesamte Rennen an Schwimm-, Rad- und Laufstrecke sind es 4.100 Helfer – geben einem ein sicheres Gefühl und geleiten auf Booten und Surfbrettern das endlos lange Band der 3.000 Athleten zielsicher entlang der Bojen und verhindern extremes Zickzack-Schwimmen des Feldes.
Der Schwimmausstieg erfolgt am gleichen Badestrand wie Einstieg und Landgang. Es sind nur wenige Meter im Laufschritt bis zur Wechselzone 1.
Die Suche nach Wechselbeutel und dem eigenen Rad ist bei 3.000 Athleten/Beuteln/Rädern eine echte Herausforderung. Gut vorbereitet ist, wer sich schon am Vortag beim Bike-Check-In markante Punkte in der Wechselzone gemerkt hat.
Auf dem Rad unterwegs auf der B44 vom Langener Waldsee nordwärts Richtung Frankfurt ist dann Zeit, sich für die anstehenden 185 km Radfahren einzurollen und nach dem Schwimmen mit Riegel oder Energy Gel zu versorgen.
Es ist etwa 9:00 Uhr und Frankfurt ist noch ruhig, dennoch jubeln einem schon zahlreiche „Early Birds“ und Triathlon-Fans zu. Nach Querung des Mains über die „Alte Brücke“ geht es auf der „Schönen Aussicht“ – zentraler Knotenpunkt von Rad- und Laufstrecke nahe Wechselzone 2 am Mainkai – und auf der Hanauer Landstraße ostwärts aus Frankfurt heraus.
Bis dahin ist die Strecke flach, bevor dann in Bergen-Enkheim der erste Anstieg ansteht, „The Beast“.
Kurzes Verschnaufen und es geht weiter nach Maintal, wo einen im Ortszentrum ein etwa 500 m langer Kopfsteinpflasterabschnitt mit abschließendem kurzen Anstieg erwartet, „The Hell“. Kein Problem mit MTBs oder Stahlrohrrahmen, aber mit Alu- und Carbon eine Tortur für Rad und Fahrer. Wehe dem, der seinen Lenker nicht ordnungsgemäß festgeschraubt hat! Auch die Trinkflaschen sind hier nicht sicher, daher Flasche raus aus dem Sattelhalter und ab in die Rückentasche des Trisuits. Bei der Hitze – trotz der hinreichend vielen Verpflegungsstellen – möchte man keine einzige Flasche verlieren und es sollten am Ende 10 leer getrunkene Trinkflaschen werden…
Nach Maintal geht es auf hügeligen, kurvigen und gut asphaltierten Straßen weiter nordwärts, über Nidderau bis nach Friedberg, dem nördlichen Wendepunkt und Party Hotspot des Zweischleifenkurses.
Wenige hundert Meter vor dem Wendepunkt überholt mich Frodo auf seiner zweiten Runde und ebenso wenige hundert Meter nach dem Wendepunkt überholt mich Sebi, der mit 1 Minute Zeitabstand Jagd auf Frodo macht. Wahnsinn! Aber wo bleibt Patrick Lange?
Von Friedberg führt die Strecke wieder südwärts zurück nach Frankfurt zur „Schönen Aussicht“. Highlight auf diesem Teilabschnitt ist der „Heartbreak Hill“ in Bad Vilbel, ein knackiger Anstieg mit engem Zuschauerspalier a la Alpe D’Huez oder Solarer Berg. Frenetische Zuschauer schreien hier die Athleten den Berg hoch. Oben angekommen rollt es sich dann sanft bergab zurück nach Frankfurt und man hat Zeit, sich gedanklich auf die merklich zunehmende Hitze und die zweite Radrunde vorzubereiten: Bergen-Enkheim, Maintal, vorher wieder die Trinkflasche sichern, Bad Vilbel.
Lief es auf der ersten Runde noch locker und flüssig, so ist auf der zweiten Runde Biss und Durchhaltevermögen gefragt: Die frühe Nachmittagssonne brennt gnadenlos vom Himmel und macht die Gegend zur hessischen Sierra Nevada. Die Hotspots sind merklich leerer und machen ihrem Namen auf andere Art die Ehre. Sich einstellender Schwindel zeigt an, jetzt auch Helm und Kopf mit Wasser zu kühlen. Hätte man doch den Straßenhelm statt dem Aerohelm gewählt…
Nach dem zweiten Mal „Heartbreak Hill“ kreisen die Gedanken um den nun anstehenden Marathon. In Wechselzone 2 angekommen nehmen freundliche Helfer einem das Rad ab. „Du hast es geschafft und jetzt nur noch den Marathon“ war wohl motivierend gemeint, fühlt sich aber anders an…
Mit „jelly legs“ aus der Wechselzone lostrabend geht es auf dem Mainkai entlang des nördlichen Main-Ufers auf die Laufstrecke. Zig tausende Zuschauer säumen das Nord- und Südufer und feuern jeden einzelnen Athleten an. Ja, Frankfurt ist Europas Triathlon-Hauptstadt!
Vier Runden sind zu absolvieren und mit jeder Runde ist der legendäre Zieleinlauf am Römerberg zwar nicht im Blick aber deutlich zu hören. Ironman-Sprecher, jubelnde Zuschauer und laut hämmernde Musik signalisieren: Hier am Ziel steigt heute die größte Party der Stadt und Du wirst bald dabei sein…
Die Helfer an den etwa 8 Verpflegungsstellen haben alle Hände voll zu tun, die Athleten mit Wasser, Cola, Gel, Iso, Obst, Salz zu versorgen und auch für die Kühlung der Athleten zu sorgen: Wasserschläuche, Wassereimer, Gartenduschen, Schwämme und 12 Tonnen Eis stehen bereit und verhindern bei annähernd 40 Grad den massenhaften Kollaps.
Die Kulisse der Laufstrecke ist trotz einsetzender Erschöpfung beeindruckend: Die Mischung aus Hochhaus-Skyline, Fachwerk, Altstadt-Flair und Freibadwiesen-Atmosphäre bei grandioser Zuschauerunterstützung machen das Rennen zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Endlich am Römerberg angekommen bleibt nur zu sagen: „Danke Frankfurt für Eure Unterstützung und Anfeuerung“.
Ziel erreicht. „You are an Ironman!!!“
Hallo!
Gratulation zum Ironman!!
War dir der Giro Aerohead zu heiß? Oder war die Kühlung ausreichend?
Ich möchte mir einen kaufen, bin mir aber nicht 100% sicher!
Kühlung / Gewicht
Hallo Rudolf, schau mal, Roger hat hier ein ausführliches Feedback platziert 🙂
Hallo Rudolf, vielen Dank!
An diesem extremen Tag mit gemeldeten 40 Grad war ein Aerohelm – egal welcher – denke ich einfach die grundsätzlich falsche Wahl. Ich hatte auf der zweiten Radrunde tatsächlich erste Anzeichen eines Sonnenstichs und Blackouts.
Der Giro Aerohead ist mein erster Aerohelm und ich habe leider keinen Vergleich.
Grundsätzlich bin ich sehr zufrieden: Optik, Verarbeitung, Passform, Visier und Bedienung/Magnethaftung des Visiers. Lüftung ist ok, heißt: bei normalen Wetterbedingungen unter 30 Grad akzeptabel. Von Kühlung würde ich nicht sprechen wollen, sondern nur von ausbleibender Überhitzung ;-). Das höhere Gewicht ggü. einem normalen Straßenhelm ist natürlich deutlich zu spüren und anfangs gewöhnungsbedürftig.
Tragekomfort und MIPS-System: Meine Helmgröße lag genau zwischen M und L und ich habe mich für M entschieden. Grund: Die Lagerung der MIPS-Innenschale führt dazu, dass der Helm sich bei Fahrt/Bewegung minimal bewegen kann und gefühlt bei Erschütterungen mitwackelt. Trotz der aerodynamisch vielleicht besseren Wahl in Größe L habe ich mich für den festeren, wackelfreien Sitz in Größe M entschieden.
Mein Fazit: Der Giro Aerohead ist ein guter Aerohelm. Empfehlung: Für eine Langdistanz muss Dir ein Aerohelm einfach passen und “bequem” sein. Daher entweder idealerweise in einem Laden/auf einer Expo anprobieren oder eben online bestellen, anprobieren und schlechtestenfalls zurücksenden.
Viel Erfolg bei Helmauswahl und Deinem ersten Rennen mit neuem Aerohelm. Viele Grüße, Roger.